Wie Sie als Pharma- oder Medizintechnikunternehmen Patienten erreichen

Für Pharma- und Medizintechnikunternehmen ist Patientenkommunikation wichtiger denn je. Dabei ist es notwendig, die besonderen Bedürfnisse von Patienten in der Kommunikation zu berücksichtigen. Wir diskutieren, was eine patientengerechte Ansprache ausmacht.

Warum eine spezielle Patientenkommunikation?

Patienten werden immer aktiver: Sie informieren sich im Internet und in Printmedien über bestimmte Arzneimittel, sie stellen die Meinung ihres Arztes in Frage und sie suchen gezielt nach alternativen Behandlungsmethoden. Es ist also nur konsequent, diesen »neuen« Patiententyp direkt anzusprechen, um sich alle Vorteile im Wettbewerb zu sichern. Dazu bedarf es einer speziellen Form der patientenorientierten Kommunikation, damit alle Patienten wirklich erreicht werden.

Eine patientenorientierte Kommunikation hat darüber hinaus auch ganz konkreten Einfluss auf den Krankheitsverlauf: Studien zeigen, dass sich Patienten schneller von einer Erkältung erholen, wenn sie von einfühlsam kommunizierenden Ärzten behandelt werden. Umgekehrt gibt es Belege, dass mangelhafte Kommunikation den Kontakt zum Patienten erschwert: Visiten dauern länger und sind für Arzt wie Patient eher frustrierend. Diese Ergebnisse lassen sich durchaus auch auf die Patientenkommunikation von Unternehmen übertragen. Eine mit Einfühlungsvermögen getextete und gestaltete Broschüre kann Patienten das Gefühl vermitteln, mit ihrer Krankheit nicht alleine gelassen zu werden. Das kann sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken.

Wirtschaftlichkeit versus Werte?

Auch wenn Pharmaindustrie und Medizintechnikunternehmen bei der Kommunikation mit Patienten wirtschaftliche Ziele vor Augen haben, muss das nicht mit dem höheren Ziel Kranken zu helfen im Konflikt stehen. Im Gegenteil: Erst wenn ein Unternehmen den Patienten glaubhaft vermitteln kann, dass es ihm in erster Linie um ihr Wohl geht, wird es aus Sicht der Patienten zum ernst zu nehmenden Partner für die Gesundheitsversorgung. Und erst dann werden bereitgestellte Informationen über Erkrankungen und Behandlungsmethoden als zuverlässig eingestuft. Das sollte sich im besten Fall in Materialien widerspiegeln, die den Bedürfnissen von Patienten wirklich gerecht werden und ihr Wohlergehen fördern.

Wie Patienten fühlen

Um Patienten richtig ansprechen zu können, muss man zunächst verstehen, wie Patienten fühlen. Krankheit bedeutet immer und für jeden Patienten: ein Zustand, den er möglichst schnell wieder ändern möchte. Das gilt auch und gerade für chronische Krankheiten, die trotz Gewöhnungseffekt eine dauerhafte Abweichung vom eigenen und gesellschaftlichen Ideal des Gesundseins darstellen. Kranksein aktiviert Ängste und infolgedessen sind Entscheidungen weniger von rationalen Erwägungen geprägt, als vielmehr von im Gehirn ablaufenden Verteidigungs- und Fluchtmechanismen.

Was Patienten sich wünschen, resultiert also direkt aus dem Gefühl, Sicherheit verloren zu haben und sich relativ ungewissen Faktoren wie Krankheitsverlauf und Heilungschancen ausgesetzt zu wissen. In diesem Zustand treffen Patienten auf medizinisches Fachpersonal und erhalten Informationsmaterialien mit einer eigenen und hoch spezialisierten Terminologie. Sicherheit, Vertrauen und klare Entscheidungshilfen sind also gefragt und hier können Pharma- und Medizintechnikunternehmen mit verständlichen und gut recherchierten Materialien einen Beitrag leisten.

Analyse der Zielgruppe

Die Patientenkommunikation unterscheidet sich grundlegend von der Kommunikation innerhalb der Fachkreise. Hier verschenken Firmen oft Chancen, indem Sie Materialien, die sich an Ärzte richten gar nicht oder nur unzureichend für Patienten adaptieren oder nach dem gleichen Schema planen.

Allerdings reicht es nicht, sich »allgemein« an die Patienten zu richten, denn die Unterschiede zwischen den verschiedenen Indikationen sind so groß, dass man von »den Patienten« eigentlich nicht sprechen kann. Am Anfang eines Projektes sollte daher immer eine genaue Analyse der jeweiligen Patientengruppe stehen. Es lohnt sich, hierfür Zeit für Tiefeninterviews mit Patienten zu investieren. Bei diesen Interviews können vor Projektstart wichtige Insights über Interessen, Sorgen und Wünsche der Patientengruppe gewonnen werden. Oft erlebt man dabei Überraschungen. So stellt man beispielsweise bei Krebspatienten häufig fest, dass die Angst vor der Krankheit längst nicht so im Vordergrund steht, wie man vermuten könnte. Mindestens ebenso wichtig ist die Angst vor Partnerschaftsproblemen oder die Angst vor sozialen Problemen durch die Krankheit oder als Folge der Krankheit.

Wichtig kann es auch sein, das jeweilige Krankheitsstadium des Patienten in die Überlegungen mit einzubeziehen: Eine Broschüre, die Patienten beispielsweise über Hautkrebs-Vorsorgeuntersuchungen informieren soll, muss ihre Ansprache naturgemäß anders gestalten, als eine Broschüre für Patienten mit bereits gesicherter Diagnose Hautkrebs. Auch hier werden oft Fehler gemacht.

Texte für Patienten

Texte für Patienten unterliegen natürlich den allgemeingültigen Regeln für gutes Schreiben, dennoch ergeben sich aus den besprochenen Besonderheiten vier Hauptmerkmale, die es zu beachten gilt: richtiger Ton, gute Verständlichkeit, passende Wortwahl und medizinische Korrektheit.

Sind die Vorarbeiten in Form einer genauen Analyse einmal geleistet, so ist es in der Regel einfach, sich auf einen durchgängigen Ton festzulegen. Oft hilft es hier, sich vor der Erstellung des Textes auf ein Genre oder ein bekanntes Medium als Vorbild zu einigen. Lockere, knapp und knackig formulierte Sätze können beispielsweise bei Aufklärungstexten einer Website für ein Produkt gegen Scheidenpilz genau die richtige Wahl sein. Die weibliche, oft junge Patientengruppe dürfte sich hier mit Texten, die im Stil eines »Gesundheits-Blogs« erstellt wurden, durchaus wohlfühlen.

Man sollte meinen, es ist inzwischen allgemein praktizierter Standard, dass Texte für Patienten gut verständlich formuliert sind. Ein Blick auf die Tatsachen zeigt aber, dass noch immer viele Texte nur so von Fachwörtern, überlangen Sätzen und unstrukturierten Absätzen wimmeln. Solche Texte verwehren dem Patienten unter Umständen den Zugang zu wichtigen Informationen. Allerdings erschwert der Blick durch die »Expertenbrille« auch oft die Einschätzung, was denn nun vom Patienten verstanden wird und vor allem, welche Informationen wirklich relevant für ihn sind. Hier ist die Erstellung eines Fragenkataloges aus der Sicht des Patienten oft sehr nützlich, um sich wieder in dessen Lebenswelt einzufinden. Dabei sollten alle Fragen ungefiltert zu Papier gebracht werden, egal wie naiv sie erscheinen. Schnell wird dann beispielsweise klar, dass die Frage, wann ein Patient nach einer Operation wieder fit genug für Sport und Unternehmungen ist, für ihn wesentlich relevanter ist als die Frage nach der genauen Bezeichnung der eingesetzten Nahttechnik.

Der falsche Weg wäre es aber nun, Fachwörter generell auszuklammern. Prinzipiell ist es sinnvoll, sämtliche Begriffe, denen der Patient mit hoher Wahrscheinlichkeit bei seinen Arzt- oder Krankenhausbesuchen begegnen wird, zu benennen und zu erklären. Einer Brustkrebspatientin beispielsweise ist nicht damit geholfen, wenn sie die viel verwendeten Begriffen »Biopsie« oder »minimal-invasiv« in Aufklärungsmaterialien nicht wiederfindet. Eine leicht verständliche Erklärung zu diesen Begriffen wird sie beim nächsten Arztgespräch in die Lage versetzen, Ausführungen schneller zu verstehen. Vertrautes Vokabular fördert das oben erwähnte Gefühl von Sicherheit, das der Patient braucht.

Wie enorm wichtig die medizinische Korrektheit der Aussagen in Patiententexten ist, bedarf wohl keiner Erklärung. Es lohnt sich dennoch, immer wieder einmal im Laufe eines Projektes kritisch zu hinterfragen, ob medizinische Informationen sauber recherchiert und in aller Korrektheit vermittelt und nicht etwa zugunsten der Patientenfreundlichkeit zu sehr »aufgeweicht« wurden.

Visualisierungen für Patienten

Visualisierungen von medizinischen Vorgängen oder Behandlungsmethoden stellen eine ausgezeichnete Form der patientenfreundlichen Aufklärung dar. Durch Grafiken lassen sich langatmige Textpassagen vermeiden und auch komplexe Vorgänge verständlich darstellen. Um eine Abbildung wirklich patientenfreundlich zu gestalten, gelten ähnliche Prinzipien wie bei den Texten: Verständlichkeit und medizinische Korrektheit müssen gegeben sein. Darüber hinaus spielen noch die beiden Kriterien »Angst« und »Sicherheit« - je nach Indikation in unterschiedlicher Gewichtung - eine große Rolle. Eine Abbildung soll dem Patienten Informationen korrekt übermitteln, aber keine Ängste schüren. Aus Studien weiß man, dass Angst natürlich kein probates Mittel ist, um Compliance zu fördern.

Umgekehrt kann aber auch der Versuch, Ängste durch zu abstrakte Visualisierungen abzumildern, leicht das Gegenteil bewirken. Denn unter Umständen ist eine »technischere« bzw. scheinbar »kältere« Darstellung angebrachter, wenn es darum geht, das Vertrauen des Patienten in ein Medizinprodukt oder eine Behandlungsmethode zu stärken. Hier ist Fingerspitzengefühl gefragt.

Auch Schmuckbilder können wesentlich mehr leisten, als eine Broschüre oder Website lediglich optisch aufzuwerten. Richtig eingesetzt erleichtern sie dem Patienten den Einstieg in die Thematik. Wichtig ist dabei, dass er sich in den Motiven wiederfindet. Dabei geht es vor allem um Glaubwürdigkeit. Analysiert man aktuelle Anzeigenmotive, so stellt man fest, dass die Patientengruppe – etwa aufgrund des typischen Erkrankungsalters – oft zu weit von den ausgesuchten Testimonials entfernt ist. Auch sieht man häufig »weich gespülte« Wohlfühlwelten, die beliebig wirken. Besser ist es Bilder zu finden, die dem Patienten das Gefühl geben, das kommunizierende Unternehmen hat tatsächlich verstanden, um was es geht. Man sollte Schlüsselszenen aus dem Patientenleben zeigen, die zwar nahe am Alltag der Patienten, aber nicht alltäglich und langweilig sind. Die Kunst besteht darin, diese Momente auf authentische Art und Weise mit einem Produkt oder einer Dienstleistung zu verbinden.

Fazit

Um als Unternehmen Patienten wirklich zu erreichen, bedarf es einer speziell auf die Bedürfnisse von Patienten ausgerichteten Kommunikation. Dabei sind eine genaue Analyse und das Verständnis der Patientensituation wichtige Voraussetzungen, damit Texte und Bilder optimale Ergebnisse erzielen.